Wir alle kennen Grimms Märchen: Schneewittchen bekommt von der bösen Königin einen vergifteten Apfel und fällt in einen komatösen Zustand, bis – in der Disney-Interpretation – des Königssohns „Kuss der wahren Liebe“ den Bann bricht und sie glücklich bis ans Ende ihrer Tage leben. (Bei Grimm gibt es diesen Kuss bei Dornröschen, Schneewittchen fällt den Sargträgern des Königssohns weniger romantisch von der Schulter und spuckt das Apfelstück aus.)
US-Medien sehen jetzt gerade diesen Kuss an der neu gestalteten Schneewittchen-Fahrt in Disneyland problematisch. Sie argumentieren, dass „Prince Charming“ Schneewittchen ohne deren Zustimmung küsse und es „unmöglich“ wahre Liebe sein könne.
„Es ist schwer zu verstehen, warum sich das Disneyland von 2021 dazu entschieden hat, eine Szene mit so altmodischen Vorstellungen davon darzustellen, was ein Mann einer Frau antun darf“, schrieben zwei US-Bloggerinnen allen Ernstes in ihrem Artikel.
„Nie dürft ihr so tief sinken, …“
Diese absurde Schneewittchen-Episode ist aber nur der traurige Höhepunkt einer Reihe von „Empörungen“ der politisch Korrekten an angeblich „beleidigenden“ und „rassistischen“ Fahrgeschäften in Disneyland. Und diesem Ruf einer kleinen, lauten Minderheit folgend wurde schon die historische Fahrt „Splash Mountain“ wegen dort festgestellter „rassistischer Untertöne“ ersetzt.
Eine weitere beliebte Fahrt, „The Jungle Cruise“ wurde für seine Darstellungen indigener Völker kritisiert, und Disney kündigte Anfang dieses Jahres an, die Attraktion zu aktualisieren.
Es sei ein wichtiger Teil der Schaffung einer inklusiveren Umgebung für Gäste aus der ganzen Welt, argumentiert Disney. „Was auch immer geschieht: Nie dürft ihr so tief sinken, von dem Kakao, durch den man Euch zieht, auch noch zu trinken,“ stellte schon Erich Kästner so treffend fest.
Ob sich die Millionen Kinder daran stoßen, dass „Prince Charming“ Schneewittchen – ohne schriftliche Einverständniserklärung – aus dem Schlaf küsst, ist zu bezweifeln. Aber wenn sich zwei Bloggerinnen darüber in einem Beitrag beklagen, dann reagiert der Weltkonzern und belohnt diese Feministinnen auch noch mit Aufmerksamkeit.